Wie sich das kleine Selbst im großen Selbst erkennt
Ein tiefer Blick in die Augen eines Menschen kann uns zu den tiefsten Wahrheiten unserer Existenz führen. Was finden wir, wenn wir uns ganz in das unbekannte schwarze Loch unserer Pupillen hineinfallen lassen? 👁️
Ich liebe es, die Augen anderer Menschen zu betrachten. So einzigartig, wie jede Färbung, jeder Ausdruck des Blickes ist, finden wir doch im Zentrum jeder Augen ein schwarzes Loch, das uns ins Unbekannte lockt. In dieser Schwärze finden wir ein Tor – und ich möchte dich auf eine kleine Reise durch dieses Tor mitnehmen. Ich erzähle von meiner Einheitserfahrung im Blickkontakt und was es bedeutet, wenn sich das kleine Selbst im großen Selbst integriert.
Der Wunsch nach tiefer Begegnung
… ist ein menschliches Grundbedürfnis. Oft sind unsere Kontakte flüchtig, im Alltag laufen wir oft aneinander vorbei, ohne uns wirklich zu sehen. Umso schöner ist es, sich den Raum zu schaffen, die Wirkung eines Blickes in seiner vollen Intensität zu erfahren. Ich erzähle von einer Begegnung mit Marina vom Phönix Tribe, die ich bei einer Eye-Gazing Session an einem unserer Tribe-Wochenenden hatte. Wir hatten uns gerade voreinander gesetzt und begannen, unser Gegenüber zu betrachten. Ich vertiefte mich in die Strukturen und Farben von Marinas Iris und bewunderte die Farbverläufe und den Ausdruck ihres Blickes. In dieser Individualität konnte ich ihr Wesen ganz deutlich spüren, ihren ganz eigenen Ausdruck. Ich öffnete mich ihrer Weichheit und Verspieltheit und begann, im Vertrauen in diesen Kontakt, mehr loszulassen. Ein Gefühl von alter Weisheit begann durch Marinas Augen zu mir zu fließen. Je tiefer ich in das Schwarz ihrer Pupillen eintauchte, desto deutlicher wurde mir, dass ich in ein Loch blickte, das nicht nur individuell zu Marina gehörte. 🌀
Eine gewisse Unruhe erfasste mich, und ich erkannte meine Angst, in dieses unbekannte Schwarze hineinzusehen. Was geschieht, wenn ich jetzt loslasse? Was geschieht, wenn ich die vertraute Ebene der Individualität überschreite und zulasse, in diesem Blickkontakt ganz in die Einheit hineinzuschmelzen?
Und sie erkannten sich…
Nach der ersten Kontraktion meines kleinen Ichs spürte ich die freudvolle Aufregung meines Herzens. Oh ja, mein Herz sehnte sich nach dieser Erfahrung, nach diesem Raum, der so viel größer ist als mein kleines Ich, und so folgte ich diesem klaren Ja. Ich spürte die Liebe, die zwischen uns floss und uns den Raum gab, uns in diese Begegnung hinein zu entspannen. Ein Bewusstsein, das sich begegnet. Ein Bewusstsein, das sich im Blick des anderen selbst betrachtet. Ein Bewusstsein, das sich in unendlich vielen Facetten erfährt und so tief verbunden ist, dass alle Ängste sich darin auflösen können. Ein Kribbeln durchlief meinen ganzen Körper, eine tiefe Freude und ein tiefer Frieden. 🕊️
Ich war durch das Tor hindurchgeschritten und bekam ein Gefühl für die Essenz der Existenz. Worte sind an dieser Stelle fast zu klein, um dies zu beschreiben. Eine sich ständig verändernde Fülle an Formen des Ausdrucks, die gleichzeitig existiert mit einer vollkommenen Leere und Stille.
Ken Wilber, ein bedeutender Denker in der integralen Theorie und Praxis, unterscheidet in seinen Werken zwischen dem „kleinen Selbst“ und dem „großen Selbst“. Ich finde diese Begriffe sehr passend, um mein Erlebnis zu beschreiben. Das kleine Selbst bezieht sich auf das individuelle Ego oder die persönliche Identität. Das große Selbst bezeichnet eine erweiterte, transpersonale Identität, die über das individuelle Ego hinausgeht und verbunden ist mit den universellen Aspekten der Existenz. Dieses Selbst ist durch Einheit, Ganzheit und eine tiefe Verbundenheit mit allem, was ist, gekennzeichnet. Es erkennt die Illusion der Trennung als genau das – eine Illusion.
Es geht allerdings natürlich nicht darum, das kleine Selbst zu verwerfen oder abzulehnen, sondern es zu transzendieren und in das größere Ganze zu integrieren. Durch eine solche Einheitserfahrung erkenne ich, dass all meine Handlungen, Gedanken und Gefühle Teil eines größeren Netzwerkes sind, das alle Menschen und letztlich alle Formen des Lebens umfasst.
Mit diesem Gefühl kam ich aus der Weite der puren Existenz wieder stärker in der Wahrnehmung meines gewohnten Innenraums an. Eine tiefe Liebe zu meinem gewordenen Sein durchströmte mich. 💖
Sulamith ist Gründerin und Teil des Weggefährten Kollektives in Leipzig und Teil des Netzwerkes der New Earth Tribes. Unsere Seite findest du hier: www.deineweggefaehrten.com