Heute fühle ich mich besonders gut. Meine Haare sitzen perfekt, jede Strähne lockt sich wunderschön und umschmeichelt mein Gesicht. Mein Auto glänzt frisch aus der Waschanlage, so kann ich mich definitiv sehen lassen. Außerdem hat mein Mitbewohner mir gestern gesagt, dass es mit mir immer so lustig ist. Humor ist mir wirklich wichtig, er macht mich aus. Wer wäre ich ohne meine kecke und verrückte Art? Wer wäre ich ohne meine leuchtend roten, lockigen Haare, die mich zur Feuerlady machen?
Die Identifikation mit dem Äußeren
Der Mensch kann sich mit fast allem identifizieren. Sich mit etwas zu identifizieren bedeutet, sich mit einer Sache gleichzusetzen. Wir mögen bestimmte Personen und Objekte, weil sie Merkmale haben, die wir auch gerne hätten, weshalb wir beginnen, uns mit ihnen zu identifizieren. Wenn wir die Gesellschaft und die Welt, in der wir leben, genauer betrachten, stellen wir fest, dass wir Menschen uns dadurch ein Sicherheitsgerüst bauen. Dies besteht aus unserem meist einseitigen Weltbild und einigen Bildern, die wir nutzen, um eine Erklärung zu finden, warum wir liebenswert und einzigartig sind. „Ich bin eine einfühlsame Partnerin.“, „Ich bin ein starker Mann.“ Das Ich definiert sich anhand zweier grundlegender Regeln: Ausgrenzung und Einschluss.
Das Problem mit der Selbstpräsentation
Es ist das, was ausgrenzt: „Ich bin dies, aber nicht das.“ Und es ist das, was einschließt: „Ich bin dies und das“. Das Tückische daran ist, dass wir sehr viele Facetten haben und ständig wandelbar sind, sowohl in unserem Erscheinungsbild, unseren Charaktereigenschaften als auch in unseren Emotionen. Dieses Gerüst aufrechtzuerhalten ist also gar nicht so einfach, denn wir zeigen uns nur von unseren schönen Seiten und verbergen die anderen. Die Masken, die wir uns dafür aufziehen, kosten einiges an Energie, wodurch wir das Gefühl bekommen können, häufiger Kontakt mit anderen Menschen sei anstrengend. Außerdem machen wir so nicht die notwendigen Erfahrungen, auch mit unseren ungeliebten Seiten angenommen zu werden. Diese werden folglich verdrängt und in den Schatten gestellt. Von dort aus können sie jedoch noch durch unser Unterbewusstsein weiter wirken.
Warum entsteht also Leid in uns?
Weil wir uns so sehr mit unserem Körper identifizieren, dass wir das Altwerden fürchten? Oder weil wir immer liebenswert sein müssen, aus Angst, den eigenen Partner zu enttäuschen und seinen Erwartungen nicht gerecht zu werden? Weil wir nur top gestylt aus dem Haus gehen können, aus Angst, nicht schön genug für die Welt dort draußen zu sein? Unser Ego macht sich Sorgen um seinen Ruf, um seine Zukunft, hadert mit der Vergangenheit und leidet unter Existenzängsten. Es ist eifersüchtig, braucht Bestätigung und vergleicht sich ständig mit anderen. Ein enormer Druck kommt auf, der unsere Lebendigkeit und Lebensfreude oftmals stark beeinträchtigt.
Eine Befreiung kann nur durch eine Auflösung des egozentrischen Selbstbilds folgen. Doch was kann dir helfen, wahre Stabilität in dir zu finden?
- Finde dein wahres Selbst
Dein wahres Selbst beobachtet alles ruhig und versteht sich selbst durch das, was es wahrnimmt. Es ist dein Ich, das die Welt um sich herum erkennt und allein durch sein Dasein Einfluss nimmt. Schaffe dir daher Momente, in denen du vollständig im gegenwärtigen Augenblick verweilst. Erschaffe Gelegenheiten, in denen du lediglich wahrnimmst und beobachtest, ohne zu urteilen, zu bewerten oder einzugreifen. Praktiken wie Meditationen und Achtsamkeitstraining, aber auch die Prinzipien der gewaltfreien Kommunikation können dir auf diesem Weg wertvolle Begleiter sein.
- Nimm deine Gefühle wahr
Bewerte deine Gefühle nicht und versuche nicht, sie zu ändern. Nimm sie einfach an, wenn sie auftauchen und lasse sie bewusst durch dich hindurchfließen. Du wirst feststellen, dass deine Gefühle bald nachlassen und Platz für neue Emotionen machen. Zeig dich deinen Liebsten gegenüber mit deiner Gefühlswelt. Es gibt keinen Grund, dich dafür zu schämen oder zu verurteilen. Eher schafft dieser Schritt mehr Verbindung und Vertrauen untereinander. Techniken wie die Arbeit mit dem inneren Kind und das Schulen der Gefühls- und Körperwahrnehmung können dabei unterstützen, diesen Prozess zu erleichtern.
- Stärke deine Liebeskraft
Dies ist möglicherweise der herausforderndste, aber auch der schönste Teil der inneren Arbeit. Nimm dir die Zeit, jeden Aspekt deiner Persönlichkeit kennenzulernen und zu lieben. Diese Anteile machen dich zu dem wundervollen Wesen, das du bist. Erweitere deine Liebe auch auf die Menschen um dich herum, ohne Bedingungen daran zu stellen. Methoden der Energiearbeit, bei denen du zum Beispiel deinen Herzraum wahrnimmst und erweiterst, sowie tiefe Selbstreflexion und Annahme können dazu besonders hilfreich sein. Innenarbeit hilft uns hier sehr, denn wenn wir uns besser verstehen und sehen, können wir uns auch mehr in unserer Ganzheit lieben. Am schönsten ist es, diese Erfahrung in einer bewussten und liebevollen Gruppe oder Gemeinschaft zu machen.